Das Laster der Worte

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Wir sind wie rohes Fleisch.

Ein Kommentar zu Tinder und der Generation Y

 

tinder
Aus: Der Tagesspiegel 05/15 – Klicken um zu Lesen!

 

Ein interessanter Artikel. Seiner Mutter die Bedeutung von YOLO zu erklären kommt ungefähr dem Erlebnis nahe, das ich beim Lesen hatte. Als ich das erste Mal von Tinder hörte, musste ich unweigerlich an irgendeine Süßigkeit von einer großen Schokoladenfirma denken. Spätestens als das Wort „anmelden“ fiel, verzog sich allerdings mein Gesicht. So sehe ich sonst nur aus, wenn ich zerkochtes Kantinengemüse esse. Die Tinder-Welle war in meinem Freundeskreis angekommen.

„Wenn du nach links streichst… mh achso. Ganz schön mies, eigentlich. Rechts? Okay, dann ist es ein Match.“ Da kann man ja nur hoffen, dass der Funken überspringt…. Und dann? Man trifft sich zum ficken und hofft, dass die gematchte Person vor dem Frühstück wieder abgehauen ist. Ich weiß nicht, hat man sowas nötig?

Sagt ihr es mir.

Ich musste auch an die zahlreichen Generation Y Artikel denken, die das Netz mittlerweile überschwemmen. Schon klar. Jung, schön und erfolgreich und natürlich autonom und selbstbewusst. Welten einreißen und so, du erinnerst dich, wir hatten das schon mal. Ein Merkmal findet sich in jedem Text: beziehungsunfähig.

Die beziehungslose Generation, die darüber jammert, dass sie doch bitte endlich mal verstanden werden will.  Individualität: ja. Kompromisse: nein. Lieber von einer Nacht in die nächste feiern. Mit Drogen soll das gut funktionieren, habe ich gehört. Schön verquollen nach Hause kommen und irgendwie wieder fit für die Vorlesung am Dienstagnachmittag werden. Das ist schon hart, teilweise.

Fairerweise muss ich zugeben, dass die (Generations-)Grenzen verwischen. Über die Hälfte meines Freundeskreises hatte in den letzten Jahren offene Beziehungen. Die meisten sind kinderlos und Single, ackern sich jede Woche den Buckel ab. Mutti wird zuhause schon ganz wild, weil die eigenen Kinder mit Mitte Dreißig noch lange keine Enkel planen. Aber deshalb sind ‘wir’ nicht unfähig Beziehungen zu führen.

Wir sind wie rohes Fleisch, zerhackt vom Ego-Hammer – aber wir sind zu dumm es zu merken. Irgendwas ist immer.

Tinder ist eine Scheiß-App, Egomanenfutter. Mit nur einem wisch über den Display entscheiden wir uns, anhand von inszenierten Äußerlichkeiten, ob ein Mensch ‘fail’ oder ‘match’ ist. Es ist wahrscheinlich eine Melange aus Langeweile und Aufmerksamkeit, die uns Teil der Maschinerie werden lässt. Letztendlich geht es doch nur um das eine… Und das alles ohne Angst vor Zurückweisung, Scham oder Mut. Fick mich ins Nirvana und so. You only swipe once.

 

14. August 2015

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2 thoughts on “Wir sind wie rohes Fleisch.”

  1. Hannah sagt:
    15. August 2015 um 8:43 Uhr

    OK, nur um das mal klarzustellen: Bloß weil wir jetzt die Möglichkeit mit tinder haben, heißt das noch lange nicht, dass wir das auch alle benutzen. Ich kenne persönlich niemanden, der tinder tollfindet, oder benutzt. Der “Hype” von dem im Moment alle sprechen, der geht auch wieder vorbei, und dann ist tinder nichts weiter als eine von vielen Möglichkeiten, Leute kennenzulernen. Ich finde es ziemlich unverschämt, einen von den Medien gehypten “Trend” zu nehmen und davon dann auf eine ganze Genereation zu schließen.

    Antworten
    1. Pepe sagt:
      16. August 2015 um 21:22 Uhr

      Hey Hannah,
      Lara hat sich ein wenig ausprobiert mit der App, mal sehen, was sie so Feines erlebt hat. Klar wird nach Tinder die nächste Sau durchs Dorf getrieben werden. Aber dieses Stück Fleisch, dass die Bilder zur Seite schiebt – für mich gibt es kein gelungeneres Bild für so einen Strudel, der uns zu oft als lebloses Fleisch zurücklässt, in den neuen digitalen Gefilden.
      Aber wie schon geschrieben: Irgendwas ist immer.

      Pepe

      Antworten

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